3. August 2017 0 Kommentare KolumnenInternational
Dating-Plattformen sind allseits bekannt und gefragt. Zur wohl beliebtesten Dating-Plattform gehört wohl Parship, die schon seit Jahren provokant mit dem Slogan “Alle elf Minuten verliebt sich ein Single über Parship” wirbt. Neben diesen Dating-Plattformen, die eher für die Zielgruppe von älteren Frauen und Männern im Berufsleben zugeschnitten sind, gibt es mittlerweile auch etliche Flirting-Apps für das iPhone oder Android Handy. Ein hier ganz bekannter Ableger sind beispielsweise LOVOO, Hot-Or-Not oder Tinder
Tinder verkauft sich, ähnlich wie LOVOO, als Flirting-Plattform. Sie hat das Ziel, Benutzern das Kennenlernen von Menschen in der näheren Umgebung zu erleichtern. Oftmals wird die App daher für Anbahnung von Flirts oder auch zum Knüpfen von (intimen) Bekanntschaften verwendet. Das Problem bei Tinder: Die App ist mittlerweile bekannt geworden als Anlaufpunkt für viele Nutzer, die lediglich sexuelle Treffen und Sexkontakte suchen – koste es was es wolle. Und obwohl Tinder eigentlich offiziell ein Publikum von über 18 Jährigen anspricht, nutzen die App auch erstaunlich viele Teenager und Minderjährige.
Damals hatte der britische Sender Channel4 über Pädophile im Habbo Hotel berichtet und das Habbo Hotel, welches hauptsächlich auf Jugendliche ausgerichtet ist, als Oase für Cybersex dargestellt. In der Reportage wurde aufgedeckt, wie einfach es damals war, die minderjährigen Nutzer des Habbo Hotels für sexuelle Zwecke zu missbrauchen. Der Skandal löste eine massive Welle an Sicherheitsvorkehrungen und Änderungen im Habbo Moderationssystem aus. Ihm ist teilweise auch der enorme Userschwund zu verdanken. Habbo galt für einige Monate nicht mehr als sicher. Einzelne Partner hatten Sulake die Partnerschaft gekündigt, Eltern zeigten sich besorgt und verbieteten ihren Kindern den Aufenthalt im Habbo Hotel. Und dabei hat Sulake immer qualitative Moderation versprochen. Nicht zuletzt musste der damalige Sulake CEO Paul LaFontaine zurücktreten.
Der Vorfall ist nun schon gut 5 Jahre her und die Lage hat sich wieder beruhigt. Sulake konnte dem ganzen durch Verbesserungen in der Moderation Einhalt gebieten, auch, wenn es auch noch heute den ein oder anderen Pädophil im Hotel gibt.
Damals hat Sulake angekündigt, endlich konsequenter gegen sexuelle Handlungen und Nötigung vorzugehen, um Habbo zu einem sicheren Ort für Kinder zu machen. Viele Pädophile oder User mit sexuellen Absichten hat das sicherlich erst einmal abgeschrocken. Doch da nun die Lage im Habbo Hotel unter Kontrolle ist, scheint sie in Retro Hotels außer Kontrolle zu geraten. Zwar sind im deutschsprachigen Raum keine größeren Vorfälle bekannt, doch Recherchen in einem ausländischen, englischsprachigen Hotel sind mehr als besorgniserregend.
Vorab, es handelt sich bei dem folgenden Retro Hotel um ein Hotel, welches zu Abendstunden regelmäßig über 900 aktive Spieler hat. Betritt man das Hotel und öffnet den Raumnavigator, fällt einem sofort diverse anstößige Räume auf, die frei zugänglich sind und von der Moderation toleriert werden.
Ich besuche dieses Retro fast täglich und zu jeder Tageszeit befindet sich dieser Stripclub stets an erster oder zweiter Stelle im Raumnavigator. Im Inneren befinden sich dann Tische und Stühle um Bühnen – vermutlich Stripbühnen für die Tänzerinnen – verteilt. Es gibt eine Bar, eine private Ecke und sofort auffalend, Stangen auf den Bühnen. Beim Betreten des Raumes erhält man zunächst allerdings folgende Mitteilung.
Diese Mitteilung informiert uns, dass es sich um einen Raum handelt, der nicht für Minderjährige ausgelegt ist. Er ist unmoderiert und es kann zu Rollenspielen kommen, die man unter anderem nicht sehen möchte. Doch leider gibt es niemanden, der kontrolliert, ob man wirklich über 18 Jahre alt ist. Bei der Registration habe ich selbst ein minderjähriges Geburtsdatum angegeben, den Raum betreten konnte ich trotzdem. Ferner fallen mir neben den fragwürdigen Konversationen im Raum auch sofort User auf, die schon förmlich darauf warten, angesprochen zu werden, um in die private Ecke zu verschwinden.
Dabei handelt es sich nur um 3 Spieler von den unzähligen, die sich in dem Raum befinden. Geworben wird – und das ist nicht nur hier der Fall – explizit mit “Junge Prostituierte für dein Vergnügen” oder “nutzbares kleines Mädchen“. Auch die Usernamen, YoungWhore (JungeHure) oder LisaSlut (LisaSchlampe) sind alles andere als eine Ausnahme. Nach 2 Minuten im besagten Raum laufen einem mindestens acht von denen über den Weg.
Über Teleporter gelangt man dann zu einem Verteiler, der einem mehrere private Räume zum gegenseitigen Vergnügen anbietet. Sie sind alle schlicht gehalten. Ein Bett, eine Badewanne, manchmal noch ein Striptisch und eine Kinoleinwand. Als ich mir erlaubt habe, die Räume zu betreten, um sie für diese Reportage festzuhalten, wurde ich von einem ersten Pärchen überrascht, das sich diese anscheinend zu nutzen machte.
Wie man sieht, wurde ich sehr nett begrüßt. Kurz später wurde ich auch noch nach einem Dreier gefragt. Was auch ins Auge fällt sind die ganzen Post Its, die an der Wand verteilt sind. Die sind dafür gedacht, dass jeder seine Notiz hinterlassen kann. Eigentlich erübrigt es sich, darüber zu berichten – denn was drauf steht, sollte eigentlich klar sein und überrascht nicht wirklich.
Und das sind nur zwei von den über 50 Post Its in den Räumen. Auf anderen findet man unzählige Snapchat und Skype Namen zum Hinzufügen. Auf dem zweiten PostIt ist von LisaSlut die Rede. Es handelt sich übrigens um die selbe Userin, die oben als Profil abgebildet ist.
Der Sexskandal im Habbo hat das Hotel damals den Ruf gekostet. Doch dass dies nun alltäglich in Retro Hotels, gerade in diesem passiert, scheint niemanden zu interessieren. Das Hotel wird von Jugendlichen gut besucht, und Habbo ist schließlich ein Projekt, das auf Jugendliche ausgelegt ist. Sie im frühen Alter unmittelbar mit solchen Dingen zu konfrontieren kann später schlimme Folgen haben. Vor allem: Man kann junge und ältere Spieler nicht voneinander unterscheiden. Niemand weiß, ob es sich um einen dreizigjährigen Pädophil handelt, oder ob das Mädchen hinter dem Profil über 18 ist oder gerade mal 13 Jahre alt.
Die Hotelleitung dieses Hotels aufzufinden war ein extrem langwidriger Prozess, der letztlich nicht geglückt ist. Auch mehrere E-Mails wurden nicht geantwortet, doch immerhin der HEAD-Moderator erklärte sich bereit, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Er ließ ausrichten, dass das Hotel bemüht sei, den Minderjärhigen einen sicheren Aufenthalt zu gewähren. Es sei den Usern allerdings selbst überlassen, wie sie ihre Freizeit gestalten möchten und solange sich niemand beleidigt oder diskriminiert fühlt, gäbe es keinen Grund, einzuschreiten, auch, wenn er selbst gegen diese Moderationskultur ist.
Im Übrigen wird das Hotel, das abends fast an 1000 Spieler kommt, von nur 2 Moderatoren überwacht. Wenn man es denn überwachen nennen kann. Denn der Jugendschutz greift hier überhaupt nicht. Streng genommen würde ich es sehr begrüßen, wenn Regierungsbehörden hierrauf aufmerksam werden. Denn ein Spiel kann man das wirklich nicht mehr nennen.
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