1. Februar 2018 0 Kommentare Retro HotelsJabbo Hotel
Die jüngste Ankündigung, dass der deutsche Hotelgigant Jabbo schließen wird, lässt einige Frage offen – auch solche für die Zukunft der Retroszene. Denn genau diese steht zu Zeiten, in denen es nicht mehr rentabel scheint, ein Hotel zu betreiben, in den Sternen. Was, wenn Jabbo nur der Initiator einer Kette weiterer Schließungen war? Betrachtet man die Hotelstatistiken anderer Retro Hotels und vergleicht man diese mit den Jabbo Userzahlen, gibt es zwar noch Differenzen, aber diese nehmen immer weiter ab.
Tatsächlich schafft es seit Jahren kein Newcomer mehr, höhere Spielerzahlen im dreistelligen Bereich zu erreichen. Diese sind jedoch essentiell für gute Werbeeinnahmen, die anfallende Serverkosten ausgleichen sollen. Dem Jabbo Hotel ist diese eine erhebliche Einnahmequelle in letzter Zeit, als logische Konsequenz von sinkender Nutzeraktivität, zu kurz gekommen. Retro Hotels haben es ohnehin schwer, einen guten Werbepartner zu finden, der den Traffic angemessen bezahlt – seriöse und gute Werbepartner wie Google AdSense sperren seit längerem Werbekonten, wenn festgestellt wird, dass sie für illegale Retro Hotels genutzt werden. Eine erforderliche Adressverifikation macht es zudem schwerer, sich in solch einem Fall ein neues Konto zu erstellen. Es ist also gewisser Maßen ein Risiko, das man eingehen muss – oder man setzt auf die bei den Nutzer verhassten PopUp und PopUnder Werbeanbieter. Diese zahlen in den meisten Fällen nur wenige Mikrocent pro Aufruf. „Die großen Fische“ hingegen nehmen nur ebenso große Fische an – Newcomer haben hier also erstmal keine Chance und müssen darauf setzen, dass ihr Projekt anderwertig Geld einspielt
Es gab Zeiten, da wurden Retro Hotels primär von zehn bis vierzehnjährigen Spielern gespielt und besucht. Die damals jungen werden jedoch älter – und der Nachwuchs, der wieder neue junge Leute in ein Retro Hotel bringt, fehlt gänzlich. Auch das hatte Jabbo bei der Ankündigung der Schließung beklagt. Wir tuen uns in Deutschland schwer, neue Leute anzuwerben, die noch kein Mitglied der Retroszene sind. Zur dichtesten Zielgruppe gehören heute Spieler im Alter von 15 und weit ältere. Doch gerade Retro Hotels profitieren am Meisten von jüngeren Altersgruppen, die leidenschaftlich spielen und nicht mal eben am Abend zwecks Langeweile-Vertreib kurz reinschauen. Doch der typische Retrouser zeichnet sich mittlerweile genau dadurch aus – nicht umsonst werden Events und Wettbewerbe auf den späten Abend verschoben. Für die aktuelle Zielgruppe gestaltet sich der Mittag mit anderen Prioritäten. Wer jemals früher als 17 Uhr unter der Woche online war, wird wissen, dass in einem Hotel in den meisten Fällen bis zum Anbruch des Abends eine Totenstille herrscht. User beklagen sich – und warum sollte man in einem “Multiplayer” online sein, wenn kaum bis wenig los ist?
Hinzu kommt, dass der Anteil von Nutzern, die eine AdBlock Software nutzen, damit tendenziell und statistisch höher ist als in den Vorjahren. Das bedeutet jedoch auch weniger Werbeeinnahmen. Wir haben es bereits erlebt, dass Retro Hotels in stündlichen Hotelalerts die User dazu auffordern, auf die Werbung zu klicken. Auch hierbei handelt es sich um eine Grauzone, doch sie scheint erforderlich. Nebensächliche Angebote wie Premium und Zusatzwährungen werden zwar beworben – doch auch diese Einnahmequelle geht stark verloren, wenn sich kaum noch einer dafür interessiert, in einem 100 Spieler Hotel Geld auszugeben.
Großes Entsetzen erreichte die Community, als die Hotelleitung unter Blackmaster mehr oder weniger bekannt geben musste, dass Blackmaster sich damals dazu entschlossen hat, den Rang als Projektleiter – so sinnbildlich – zu verkaufen. In Folge der sinkenden Userzahlen war es ihm nicht mehr rentabel genug, die Serverkosten für das HabboST alleine zu stämmen. Der kommende Projektleiter, so hieß das Angebot, sollte die Serverkosten in Höhe von 230 Euro mitfinanzieren. RetroTimes berichtete. Auch berichtete RetroTimes vor kurzem über das englischsprachige Fresh-Hotel, wo es schon an der Tagesordnung ist, dass Mitarbeiterränge in einem automatisierten Shop verkauft werden.
Die Serverwahl und -finanzierung gestaltet sich als ein großes Problem. Auch hier reicht ein Vergleich zu den Vorjahren aus, um den Kontrast zu verdeutlichen. Da Retro Hotels heutzutage ständig von DDoS-Angriffen heimgesucht werden, bedarf es einen anständigen DDoS Schutz, um überhaupt Chancen auf Erfolg wittern zu können. Auch dieser kommt nicht umsonst – Billiganbieter von nebenan sind Geschichte, man braucht einen zuverlässigen Hoster, der seinen Preis hat. Schlussendlich kommen deutsche Hoster nicht in Frage, da sie im Falle eines Abuses, der gerne mal gefälscht wird, sofort den Server sperren. Im Falle von Jabbo, und im Falle von den meisten deutschen Retro Hotels, ist der einzig denkbare Anbieter, OVH. Dort beginnen die dedizierten Serverpreise ab 70 Euro, jedoch ohne Windows-Lizenz, und im Gesamtpaket ab 80 Euro und darüber. Rechnet man diesen Betrag auf das Jahr hoch, ergibt sich immerhin eine stolze Summe von knapp 1000 Euro – für ein Hotel, das selten mehr als 200 Spieler erreicht.
Der Verlust nimmt zu, von Monat zu Monat. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es dem ein oder anderen Hotelbesitzer zu viel wird. Man hat es am Beispiel Jabbo gesehen – nach 6 Jahren ist dem Hotel die Luft ausgegangen. Die derzeitigen Entwicklungen deuten für die noch existierenden Retro Hotels nichts gutes an. Wenn wir uns jetzt schon schwer tun, abends eine Konstante von durchschnittlich 100 Spielern zu halten, wird sich die noch bevorstehende Zeit äußerst schwer gestalten. Große Hotels, wie etwa Live-Hotel, HabboST oder HuBBa haben es noch vergleichsweise gut – doch bei den Newcomer und den mittelständigen Hotels wie etwa Lemon oder HabboCX, ist es nur noch ein Wettlauf gegen die Zeit. Da kann man beim besten Willen nur zuversichtlich sein, dass Sulake aufwacht und sich dazu entscheidet, wieder aktiv den deutschen Markt zu bewerben – in der Hoffnung, dass die Retro Hotels ein Stück vom Kuchen abbekommen.
Dies ist eine Kolumne und spiegelt lediglich die Meinung des Autors wieder.
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