29. Mai 2018 0 Kommentare Kolumnen
„We stand for a time when Habbo had loads of fans. For a time when Habbo was a lifely community. For a time when there were things to explore and experience in Habbo. For a time that is over. We liked this time and we liked Habbo. A Habbo that does not exist any more. The future belongs to a new Habbo. A Habbo that still has to find its fans.“ – waren die letzten Worte von HabboTimes, bevor das Projekt nach fast 10 Jahren im Jahr 2013 seine Pforten schloss. Diese Worte scheinen sich zu bewahrheiten: Die Bedeutung von Habbo und seiner Community ist schon längst eine ganz andere als damals.
Es gibt nur noch zwei bis drei Retro Hotels, die abends deutlich mehr als 100 aktive Spieler erreichen. Tagsüber halten sich die Userzahlen in jedem Hotel in Grenzen. Auch das Phänomen, dass Newcomer Hotels selten eine solide Userzahl aufbauen können, ist keine Neuheit. Der Usermangel hat schon viele Newcomer nur wenige Wochen, höchstens Monate danach zur Aufgabe und Schließung gezwungen. Schließlich musste erst dieses Jahr auch das Jabbo Hotel von Oxygen, ein äußerst erfolgreiches Hotel aus älteren Jahren, die Pforten schließen. Einen wirklich erfolgreichen Newcomer, der mit den aktuellen Hotelgiganten mithalten kann, gibt es bis heute nicht – und das trotz revolutionärer Technik und vielen Versprechungen. Tatsächlich sind die meisten kleineren, neuen Hotels von der Technik her und an den Features gemessen den gängigen Hotels der deutschen Szene weit voraus. Doch es ist fast unmöglich, ein Hotel aus dem Erdboden zu stampfen, wenn die Community dazu fehlt. Eine fehlende Community wird immer öfter bemängelt und ist Hauptursache für den Niedergang der meisten Newcomer. Denn zur heutigen Zeit kann man ohne eine solide Userbasis nicht mehr viel anfangen – weshalb es nicht verwunderlich ist, dass immer mehr Newcomer ihr Glück in der türkischen oder englisschprachigen Szene suchen.
Wenn wir heute von einem gut besuchten Retro Hotel sprechen, gehen wir von etwa 100 aktiven Spielern zur Abendzeit aus. Dass das ein gewaltige Differenz zu den knapp 1 Tausend Spielern ist, die vor Jahren regelmäßig online waren, ist offensichtlich. Diese Userdifferenz macht sich jedoch auch im Spiel deutlich zu erkennen: Habbo ist ein Spiel, das von den Spielern lebt. Der Erfolg eines Hotels ist und war schon immer davon abhängig, wie viele Spieler das Hotel hat und wie viele es aktiv spielen. Das grundlegende Problem ist, dass Nachfolgegenerationen fehlen. Die Spieler, die zu den Spitzenzeiten der Retroszene jung und aktiv waren, sind älter geworden und setzen inzwischen andere Prioritäten. Eine nachfolgende Generation müsste ihren Platz einnehmen – doch diese fehlt gänzlich. Habbo ist bei jüngeren Jugendlichen nicht mehr im Trend, und das bedeutet faktisch schon das Todesurteil: Es ist nicht mehr die Frage, ob es geschieht, sondern nur noch wann. Das weiß Sulake auch, und hat deswegen versucht, mit dem neuen Hotel Hideaway einen neuen Trend aufgeschlagen.
Die fehlende Nachfolgegeneration und der, im übertragenen Sinne, demographische Wandel der Szene schlägt sich auch bei der Zielgruppe und bei den Spitzenzeiten der Retro Hotels zu buche. So fällt beim Beobachten immer häufiger auf, dass die Retro Hotels nachtaktiver werden. Bis einschließlich 17 Uhr ist in so gut wie allen Retro Hotels fast gar nichts los – es herrscht Todesstille, es finden sich meist nur ein paar Spieler, die in einem Hangout chillen, und einige, die in AFK-Räumen Badges leveln. Gegen 18 Uhr kommt ein Retro Hotel allmählich zum Erwachen – erste Events binden die User, die Userzahlen steigen langsam. Der Höhepunkt der Userzahl findet sich meist jedoch erst deutlich später: Immer öfter sind zwischen 21 bis 23 Uhr am meisten User online, und das selbst unter der Woche. Eine Uhrzeit, zu der die Zielgruppe von Habbo, wie sie anfangs mit 12 bis 16 Jahren betitelt wurde, schon längst schlafen sollte. Natürlich variiert dies von Hotel zu Hotel, denn jedes Hotel hat eine andere, unterschiedlich alte Community. Im HabboST, wo besonders viele alten Hasen unterwegs sind, zeigt sich das obige jedenfalls in der Userzahl, wie die RetroCase Statistik zeigt.
Im HabboST läut unter der Woche selbst um 2 oder 3 Uhr morgens noch das ein oder andere Event. Im Live-Hotel werden um 23 Uhr noch Belohnungen ausgegeben. Und auch, wenn man die Raumlandschaft der Hotels beobachtet, stellt man fest, dass zwölf bis sechszehnjährige schon lange nicht mehr den überwiegenden Teil der Community ausmachen. Die Zeiten nach Mitternacht werden auch für das Chatten attraktiver. Der Grund ist der demographische Wandel, der dazu geführt hat, dass sich in den Hotels mehr ältere Hasen als neue Frischlinge finden.
Mitunter erklärt sich das auch darin, dass es so gut wie gar keine „Love Discos“ mehr gibt. Überfüllte Tanzflächen und die typischen „Noobs“, die sich um Pixelbeziehungen bemühen, gehören der Vergangenheit an – und das in jedem Hotel. In den Fokus rückt immer mehr das Rollenspiel, welches im HabboST oder etwa Holo Hotel immer weiter ausgebaut wird. Der heutige, typische Habbouser ist nicht mehr an Abenteuer interessiert, sondern chillt in der Empfangshalle und schreibt gelassen mit seinen Online-Bekanntschaften nach einem langen Schul- oder Berufsalltag. Das ist die bittere Wahrheit: Habbo hat sich von einem Spiel immer weiter zu einem Chatraum entwickelt. Zwar war das Chatten im Habbo schon immer primär, doch selbst das Chatten untereinander hat sich gewandelt.
Habt ihr euch schon ein Mal den Spaß erlaubt, in den Empfangshallen von drei unterschiedlichen Retro Hotels zur selben Zeit zu sitzen? Was auffällt ist ein etwas neuartiges Phänomen, das es damals so nicht gab: Immer mehr User sind in zwei Retro Hotels gleichzeitig online. Dass sich die Communities vermischen hat weitreichende Folgen für die Attraktivität eines Hotels: Spieler gesellen sich dort hin, wo aktuell „mehr läuft“. Die Vernetzung durch Discordserver erleichtert dabei festzustellen, in welchem Hotel gerade etwas los ist. Und genau dorthin bewegt sich ein User. Er hat nicht mehr sein Stammhotel, sondern geht dahin, wo seine Freunde sind. Besonders auffällig ist dies jedoch bei den Communities des HabboST und Live-Hotels. Auch das lässt sich zum einen damit erklären, dass die Communities des HabboST und Live-Hotels inzwischen großteils aus den sogenannten Oldies bestehen und zum anderen, dass man die Unterhaltung sucht. Ob es nun in Hotel A oder B ist, ist vollkommen egal, solange man seine Freunde dabei hat.
Und genau das ist der ausschlaggebende Punkt für die Newcomer, die darunter leiden müssen. Die User interessieren sich in erster Linie nicht mehr für technische Features und schöne Homepages. Was bringt ein optisch perfektes Hotel, wenn die Community fehlt? Die alten Hotelgiganten, HuBBa, Holo, Live-Hotel und HabboST haben das Glück, dass sie sich ihre Community seit den Jahren ab 2010 aufbauen konnten. Das waren genau die Jahre, in denen es in der Szene steil bergauf ging. Ein Newcomer hat es im Jahr 2018 wesentlich schwerer, eine solide Community aufzubauen, da diese zum einen schlichtweg dazu fehlt, und zum anderen nicht bereit ist, ein verlassenes Hotel aufzusuchen, wenn doch die meisten der Freunde und Bekannte in den etablierten Hotels unterwegs sind. Wie anfangs erwähnt lebt ein Retro Hotel von seinen Spielern – und wir sind in einer Zeit angekommen, wo Habbo kein Selbstunterhaltungs-Business mehr ist – defacto: Keine User, kein Spaß. Newcomer gehen zugrunde, da diese erst Recht nicht mit den Userzahlen der etablierten Hotels mithalten können.
Abschließend bleibt zu erwähnen, dass das obige Phänomen beschreiben soll, wie Habbo, seine Bedeutung und die Community sich im Vergleich zu den Vorjahren verändert hat. Dass es immer noch den ein oder anderen Spieler gibt, der gerne Wohnräume baut, Boys kicken Girls spielt oder sich nach Pixelbemühungen sehnt, ist klar, und darüber können wir froh sein. Besonders im HuBBa Hotel oder Holo Hotel finden sich ab und an noch etwa die typischen Rollenspiel-Userräume im Navigator. Es fällt jedoch auf, dass genau dieser Teil der Community immer weiter zu einer Minderheit abdriftet. Das Gleichgewicht zwischen jungen und alten User verschiebt sich stark in die Richtung der alten. Das Voranschreiten dieses Abdriften ist von Hotel zu Hotel unterschiedlich – während dieser Prozess im HuBBa Hotel beispielsweise gerade noch in den Kinderschuhen steckt, scheint er in Hotels wie dem HabboST oder Live-Hotel fast schon gänzlich abgeschlossen. Ob das gut oder schlecht ist, muss jeder für sich entscheiden.
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